Verbale Kamera

Montag, 6. März 2006

press play...

Mit dem Erklingen einer Explosion blendet die Eröffnungssequenz auf und dem Betrachter erschließt sich ein Blick auf die infernalische Industrielandschaft von Los Angeles.
Im Vordergrund sind unzählige Industrie- und Fabrikgebäude erkennbar, aus deren hohen Schornsteinen bedrohliche Stichflammen in Begleitung von Detonationsgeräuschen emporschießen. Ein Meer aus abertausenden winzigen Lichtern bildet den Mittelgrund dahinter. Zum Horizont hin verschwinden diese Lichter in der trüben Luft und sind schließlich nicht mehr zu erkennen. Im Bildhintergrund ist ein dunkler, fast schwarzer Himmel zu sehen, an dem wenige tief schwarze Wolken hängen. Dunkle Flächen beherrschen das gesamte Bild und vermitteln den Eindruck einer nächtlichen Stadtansicht.
Die Kamera blickt schräg in einem Winkel von etwa 45° auf diese Landschaft herab, während sie in einer langsamen, stetigen Vorwärtsbewegung darüber hinweggleitet. Grelle Flammen schlagen fortwährend aus den Schornsteinen in den dunklen Himmel und ein kleines, im Bildmittelpunkt erscheinendes Raumschiff fliegt mit einem surrenden, lauterwerdenden Geräusch auf die Kamera zu und tritt schließlich am unteren Rand aus dem Bild. Tiefe, monoton röhrende Synthesizer-Klänge untermalen dieses futuristische, melancholisch und apokalyptisch anmutende Szenario.
Nachdem ein Blitz im linken Bildmittelgrund aufleuchtet, erfolgt ein Schnitt und in der folgenden Einstellung ist die Kameraposition und –ausrichtung verändert. Sie schwebt wesentlich näher über den Industriegebäuden und ihre Ausrichtung ist weniger schräg, fast waagerecht orientiert. Im rechten Bildteil schießt eine Flamme nahe der Kamera aus einem Schornstein empor, die das Bild in seiner vollständigen Höhe ausfüllt. In diesem Moment setzten die langgezogenen Synthesizer-Klänge der musikalischen Hauptmotivs ein, die die weitere vorwärtsgerichtete Kamerafahrt begleiten. Sie vollzieht sich in derselben, oben beschriebenen langsamen, kontinuirlichen Bewegung.
Es folgt der zweite Schnitt und eine statische Einstellung unterbricht den Fluss der Kamerafahrt über die Stadt. Die Detailaufnahme eines Auges füllt für kurze Zeit das filmische Bild aus. In der blauen Iris spiegeln sich die unzähligen Lichter der Stadt und die lodernden Flammen der Fabriken. Nach dem nächsten Schnitt wird die gleitende Fahrt über Los Angeles fortgesetzt. Die Position der Kamera ist erneut verändert und sie befindet sich ein Stück näher über der Stadt. Während im Vordergrund noch immer die Schornsteine mit den lodernden Flammen den Weg zu versperren scheinen, sind jetzt im mittleren Bildteil zwei pyramidenförmige Gebäude zu sehen, über denen jeweils ein weißer Lichtkegel in den dunklen Himmel strahlt.
Nachdem ein weiteres Raumschiff das Bild vom Mittelpunkt aus zum linken Rand hin durchkreuzt hat, erfolgt ein weiterer Schnitt und in der sich anschließenden Einstellung füllt eines der beiden pyramidenförmigen Gebäude den Großteil des Bildes aus. Es wird erkennbar, dass der erwähnte Lichtkegel aus dem Kern eines Pyramidenstumpfes herausstrahlt. Die Außenwände des Gebäudes erinnern mit der beeindruckenden Zahl kleiner Lichter an das nächtliche Erscheinungsbild eines bewohnten Hochhauses. Unmittelbar nacheinander treten zwei Flugobjekte aus dem Raum über und rechts hinter der Kamera ins Bild und fliegen auf das Gebäude zu.
Die Fahrt der Kamera wird kurz unterbrochen von dem erneuten Einschub einer statischen Einstellung, die ein Auge in Detailaufnahme zeigt, in dem sich die städtischen Lichter und Flammen spiegeln.
Im Anschluss ist das pyramidenähnliche Gebäude aus einer anderen Perspektive zu sehen. Die Kamera hat sich nach rechts bewegt, so dass der Betrachter nun seitlich auf das Gebäude blickt. Parallel zu den Seitenwänden stehen vor dem Pyramidenstumpf freistehende Wände, auf denen die winzigen Lichter angeordnet sind. Es folgt die Kamerabewegung auf das Gebäude zu, bis eine kleine fensterähnliche Öffnung das Bild in seiner gesamten Breite ausfüllt und der Betrachter taucht ein in die Welt von Blade Runner.

Freitag, 7. Januar 2005

...

Letztens stand ich dann an einem verregnetem Tag in der Daemmerung an der Bushaltestelle in Withington vor der Buecherei und musste ewig warten. Und dann ereignete sich etwas seht merkwuerdiges. Es hatte bereits aufgehoert zu regnen und in der Stille nach dem Regen, vom Daemmerungslicht hochatmosphaerisch, passierte es dann: Die sich langsam voranschleppende Autokolonne lichtete sich und fuer einige Sekunden war kein Auto zu sehen - nahezu alle Geraeusche schienen zu verstummen und es herrschte absolute Stille. Und in dieser Stille erklang ein langsam lauter werdendes Klappern, ein Klacken, ein Trappeln, wie viele, kleine Fuesse mit Metallsohlen. Das Geraeusch scheint von stadtauswaerts zu kommen und als ich meinen Kopf nach rechts schwenke, sehe ich eine uralte, majestaetische Kutsche herankommen. Schwarze, starke Pferde mit schwarzen Umhaengen ziehen eine grazile, hochgebaute, schwarze Kutsche, auf der ein alter, weisshaariger Mann sitzt und die Pferde lenkt. Er ist ebenfalls schwarz gekleidet, traegt eine Art Frack, einen hohen, zylinderartigen Hut und hat einen versteinerten Gesichtsausdruck. Mit ernster Miene sitzt er da, wie eingefroren. Als die Kutsche naeher kommt, sehe ich, dass es sich um keine normale Kutsche handelt: Sie ist an den Seiten geschlossen, keine Fenster, keine Tueren, nichts: bloss ein verzierter, schwarzer, hoher Kasten. Nach hinten faellt dieser schwarze Kasten ab und im Vorbeifahren wird deutlich, dass der Kasten Unterbau ist fuer das, was sich auf dem abfallenden Teil des Kastens befindet: Ein Sarg aus Glas. Irgendwie scheint er beleuchtet zu sein, doch kann ich nicht genau erkennen, was in dem Sarg ist. Er besteht aus duennen, feinen, schwarzen wahrscheinlich hoelzernen Kanten, die die glaenzenden Glasflaechen umfassen. Am Ende der Kutsche stehen rechts und links zwei schwarze Laternen empor, in denen die Flammen leicht flackern. Nach wie vor scheint absolute Stille zu herrschen, bis auf das hohe, eiserne Klappern der Hufen. Die Kutsche faehrt vorbei und es folgt eine Kolonne schwarzer, maechtiger, ebenfalls sehr alter Limousinen. Fuenf oder sechs dieser sehr ernst wirkenden, glaenzenden Oldtimer aus den 40er Jahren schleichen langsam hinter der Kutsche her, scheinbar lautlos. Auch der letzte Wagen verschwindet links von mir hinter einer Hecke und noch fuer einige Sekunden scheint alles Still, bevor sich wieder eine Autokolonne der Berufspendler vorbeischiebt und der typische Grossstadtlaerm einsetzt.

nicht von Je-guil sondern von Uzumaki

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